Ursprung und Schicksal von Waidbruck sind eng verwoben mit der Verkehrsgeschichte unseres Landes.
Durch das Eisacktal, als Teilstück der wichtigsten Transitroute über den Alpenkamm, führte spätestens um die Mitte des zweiten nachchristlichen Jahrhunderts eine römische Straße, die bis Kollmann rechtsseitig vom Fluss verlief. Bei Waidbruck setzte eine Brücke über den Eisack und die Straßentrasse führte auf der linken Uferseite weiter. Im Umfeld dieser Brücke erwuchs eine Siedlung namens Sublavio, die vom 1. bis zum 5. Jahrhundert n. Chr. bestand und eine der bedeutendsten römischen Straßenstationen war. Als solche ist sie auch noch auf der berühmten Tabula Peutingeriana verzeichnet.
Als gleichzeitiger Grenzposten zwischen Italien und dem Norikum wurde an diesem Zwangsübergang auch der illyrische Zoll eingehoben. Sublavio war eine zeitgleiche Doppelsiedlung auf dem heutigen Territorium der beiden Ortschaften Kollmann und Waidbruck, die durch besagte Brücke über den Eisack verbunden war. Am rechten Ufer dürfte die Zollstation bestanden haben, während auf der linken Seite eine Siedlung mit bedeutenden Heiligtümern vermutet wird. Sublavio fand höchstwahrscheinlich im Zuge der Goteneinfälle unter Radagai zu Beginn des 5. Jahrhunderts n. Chr. ihr Ende.
Ausgedehnte Trockenmauerfunde am rechten Eisackufer geben zur Vermutung Anlass, dass hier auch in frühmittelalterlicher Zeit eine Siedlung und in diesem Zusammenhang auch eine Eisackbrücke bestanden haben. Die Errichtung einer befestigten Anlage auf dem Trostperch oberhalb Waidbruck (vor 1173) darf wohl in deren Funktion als Absicherung dieses wichtigen Brückenkopfes gesehen werden.
Der sog. Kaiserweg, der über den Ritten führte und bei Kollmann in das Eisacktal einmündete, dürfte hier auch weiterhin der ursprünglichen Trassenführung der Römer gefolgt sein. Dafür spricht auch der Umstand, dass in Zusammenhang mit dem Ausbau desKuntersweges durch die Eisackschlucht (1314) in Waidbruck eine Hospizanlage für Reisende und Pilger errichtet wurde (hospitale in Pruck, 1331 erwähnt). Die große Bedeutung dieser Flussquerung war letztlich der namensgebende Faktor für die Örtlichkeit Waidebruk (1264), d.h. „weite (breite) Brücke“.
Das heutige Gemeindegebiet bildete ursprünglich eine Malgrei der alten Marktgemeinde Kastelruth, was in der Seelsorgestruktur, dem Gerichtsumgang und bestimmten Besitzverhältnissen auf der Seiseralm noch Jahrhunderte hindurch nachwirkte.
Die nachmalige, wuchtige Trostburg erstand an der Stelle eines befestigten Ansitzes der Herren von Kastelruth, als deren ältester Inhaber ein Cunrat de Trostperch genannt wird. Die Siedlung selbst ging aus dem Burgfrieden von Schloss Trostburg hervor, das ist der Niedergerichtsbezirk, der alle Höfe und Leute umfasste, die aufgrund der grund- und leibherrlichen Gerichtsbarkeit vom Inhaber der Burg abhängig waren. Dazu gehörten außer dem Schloss die Höfe Verschmal, Pitsch, Valpiol, Tirl, Unterrschelten, Gering, Galrein, Österreicher, Waizer, Müllner, Geraidt und etliche kleinere Güter sowie das Hilberwirtshaus an der Landstraße unterhalb Barbian und der Schönauerhof in Unterried Lajen.
Mit der allmählichen Verselbständigung dieses Burgfriedenbezirkes von der Comaun Kastelruth ging die Vereinnahmung von Siedlungsteilen anderer Herrschafts- bzw. Verwaltungsbereiche einher. Dazu zählen vor allem die auf Lajener Seite gelegenen Gebäude, die unmittelbar an Waidbruck anschließen, ja die natürliche Fortsetzung der Ortschaft bilden und nur durch den Grödnerbach voneinander getrennt sind.
Die Errichtung eines Pilgerhospizes (vor 1330) und die Erbauung einer Kapelle (1331) in Waidbruck hängen unmittelbar mit der Verbesserung der Straßenverbindung durch das Eisacktal nach der Eröffnung des Kuntersweges zusammen. Ob in diesem Zusammenhang in der Talsohle auch eine Verkehrssiedlung nichtbäuerlicher Struktur entstand, wie vermutet wird, ist ungewiss und scheint aufgrund von Struktur und Lage der beiden Urhöfe Gering in Waidbruck und Brugger in Unterried Lajen eher unwahrscheinlich zu sein. Unabhängig davon hat sich der Siedlungsbereich um das Hospiz nicht weiter entwickelt, ja es muss sogar zu einer radikalen Verschiebung des wirtschaftlichen Schwerpunktes gekommen sein.
Mit dem Ausbau des Kuntersweges 1314 wurde in Kollmann neuerlich ein Zollamt errichtet, das zuerst Heinrich Kunter und danach dessen Rechtsnachfolger Arnold Jaudes innehatten. Die strategische Lage war wohl der Hauptgrund, dass diese Zollstätte spätestens im Jahre 1390 von der landesfürstlichen Verwaltung übernommen wurde. Um 1480 ließ Erzherzog Sigmund den Kuntersweg zu einem Fahrweg verbreitern und am Rittenfuß in Kollmann ein neues Zollhaus errichten, das auch Poststation war.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Straße entlang dem rechten Eisackufer schon längst als Hauptroute durchgesetzt und Waidbruck rückte in verkehrstechnischer Hinsicht in den Hintergrund. Dies sollte sich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr ändern, als Waidbruck mit der Eröffnung der Grödnerstraße, der Brennerbahnlinie und der Kastelrutherstraße zu einem beherrschenden Verkehrsknotenpunkt wurde.
Einen gewissen Ruhm erreichte der Ort lediglich im 17. Jahrhundert als Wohnsitz des landesfürstlichen Erbpostmeisters. Im Jahre 1620 erwarben die Herren von Leiter den Geringhof von Hans Kerschpamer, den sie zum repräsentativen Ansitz ausbauen ließen. Die Familie von Leiter hatte von 1620 bis 1825 das Erbpostmeisteramt mit den Posthäusern beim Starzer und beim Deutschen inne. Johann Venerand von Leiter wurde 1701 mit den Prädikaten von Waidbruck und Gering in den Adelsstand erhoben.
Der Ausbau dreier wichtiger Verkehrsverbindungen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts leitete einen wirtschaftlichen Aufschwung und eine Blütezeit von Waidbruck ein. Am 26. Oktober 1856 wurde die neue Straße in der Talsohle dem Grödnerbach entlang eröffnet. Bis zu diesem Zeitpunkt führte nur ein armseliger Steig durch diese Bergschlucht, der aber besonders nach längerem Regen nicht gangbar war (B. Weber 1849). Schon ein Hofkammerentscheid von 1473 über die Erhaltung der Eisackbrücke bestätigt, dass der Zugang zum Grödnertal nicht über Waidbruck führte, sondern, vom Norden über Gufidaun und Lajen und vom Süden über die Törggelebrücke und den Puntschakofel nach Kastelruth weiter zum Panidersattel. Der frühere Zugang war auf einem steilen, unfreundlichen Wege bei Klausen durch Lajen und St. Peter, oder von der Terkelebrücke durch Kastelruth und St. Michael, wo man entweder zu Fuße mit bedeutender Anstrengung gehen, oder mit einiger Gefahr reiten musste. Wir erinnern uns oft noch mit bangem Herzen an die häufigen Schweißtropfen, die wir bei einer Rückkehr von Bozen oder Brixen übe den schauerlichen Puntscherkofel, oder über den steilen Bergweg von Klausen nach Lajen bei einer oft unerträglichen Hitze vergießen mussten (J.A. Vian 1864).
Erst mit der Eröffnung der neuen Grödnerstraße 1856 wurde diese Route zur Hauptverbindung und bewirkte in kürzester Zeit einen sprunghaften Anstieg des Grödner Holzschnitzgewerbes. Bis zum Ausbau der Höhenstraße über Lajen nach Gröden entlang der alten Kleinbahntrasse bildete die Verbindung von Waidbruck aus die lebenswichtige Verkehrsader für das Grödnertal mit dessen Schnitzindustrie und Tourismusgewerbe.
Von nachhaltiger Bedeutung war die Eröffnung der Brennereisenbahnlinie im Jahre 1867. Der Bahnhof Waidbruck wurde zum wichtigsten Warenumschlagplatz im unteren Eisacktal und mit der zunehmenden touristischen Erschließung zu einem der am stärksten frequentierten Eingangstore zu den Dolomiten. Der Bahnhofsbereich liegt zwar in der Fraktion Unterried der Gemeinde Lajen, zählt aber seit jeher zum unmittelbaren Einzugsgebiet von Waidbruck. Hier, wo auch der notwendige urbanistische Freiraum gegeben war, entstanden die ersten größeren Gasthäuser und Hotels.
Mit der Eröffnung der neuen Straße nach Kastelruth-Seis-Ratzes im Jahre 1887 wurde die dritte bedeutende Verkehrsstrecke geschaffen, die rund acht Jahrzehnte lang die wichtigste Verbindung zum Hochplateau bildete und wesentliche Voraussetzung für den Aufschwung und die touristische Hochblüte im Schlerngebiet war.
Ursprünglich war Waidbruck auch als Ausgangspunkt der Schmalspurbahn in das Grödnertal im Gespräch. Die langjährige Diskussion fiel schließlich 1915 aus militärischen Überlegungen zugunsten von Klausen aus. Diese besonderen verkehrstechnischen Gegebenheiten sollten für die kleine Ortschaft im Eisacktal bis in jüngere Zeit den Lebensnerv und Quell des wirtschaftlichen Wohlstandes darstellen.
Die starke Einbindung in das Verkehrsnetz machte Waidbruck aber auch abhängig von allen Entwicklungen, die damit zusammenhingen. Besonders der Ausbau der Grödnerstraße über Lajen und der Bau der Brennerautobahn sollten sich einschneidend auswirken. Eine stärkere Ausrichtung auf Gewerbe und Industrie wurde allein schon aufgrund der begrenzten Gemeindefläche erschwert. Mit der rapiden Verkehrszunahme auf Straße und Schiene artete das, was Jahrhunderte hindurch ein Segen war, immer mehr zur untragbaren Belastung für Einwohner und Fahrzeughalter aus.
Mit der Einhausung der Eisenbahnlinie im Ortsbereich und dem Bau einer Umfahrungsstraße erfuhr Waidbruck einen massiven Eingriff, der unter den gegebenen Umständen ein notwendiger Schritt zur Eindämmung der Lärmbelästigung und zur Erhöhung der Lebensqualität war. Damit sollen auch in Zukunft soziale, wirtschaftliche und kulturelle Perspektiven zum Wohle der Bevölkerung dieses Gebietes gewahrt bleiben.